Spottolski musste kürzlich Einbußen in seiner Napffüllungslage hinnehmen. Aufgrund eines logistischen Fernsehens wurde die gewohnte Kost knapp, stattdessen fand er in seinem Napf einen Dosenhering. In Kräuter-Dillsoße (für Fernsehen lies Versehen).
Ein oder zwei Wiederbelebungsversuchen blieb der Erfolg versagt. Schließlich fraß er den Hering samt Beilagen, was uns an seiner seelischen Verfassung zweifeln ließ, zumal die üblichen Anschuldigungen ausblieben. „Wie geht’s in der Politik?“ eröffnete ich diskret das Gespräch. Fragetechnik ist meine Stärke.
„Supa,“ verkündete er. Nach dem nun geregelten Verbot des Essens in der Öffentlichkeit, in Wartesälen, Bushaltestellen sowie sonst wo rechne er nun mit einem Aktionsplan der Regierung gegen Gedankenarmut. „Liegt in der Schublade. Aber zitier mich nicht,“ raunte er. „Klar doch,“ sagte ich, Vertrauen ist das X und U der Pressearbeit. Wir ließen ihn reden.
Vorschriften würden keine gemacht, gab er bekannt, die Regierung werde mit gutem Beispiel vorangehen: „Sie wird zurücktreten.“ – „Wen?“ – „Das wird in der Pressemitteilung in allen Einzelheiten verheimlicht, nur Geduld. Und der Bundestag wird versteigert. Die Landtage gleich mit, alles ein Aufwasch.“
„Bis auf das Monetarium für Landwirtschaft,“ fuhr unser Jungpolitiker fort, „überhaupt alles, was mit Kultur zu tun hat, bleibt. Brückenbau und solche Sachen.“
„Wegen der Waldschlösschenbrücke?“
„Dazu habe ich meine eigene Meinung,“ sagte Spottolski. „Man muss das differenzieren: Die selbsternannten Kritiker der Welterbeverfechter – sag mal, schreibst du mit? – haben sich in Sachen Kultur durch vehementes Nichtstun … is was ?“ Er schüttelte den Kopf, als hätte ich seinen Napf ausgesoffen. „Ich beanstande dich,“ sagte er. „Wo waren wir? Ach ja, … zu Nichtstuern in Sachen Kultur – hast du das? – Wie gesagt, die sind voll im Bilde.“
Ich sagte: die Brücke gilt als eine ausgesucht unschöne Brücke …“ – „Mit dem Bau wird unverzüglich, will sagen ohne Verzug, da muss jetzt was passieren,“ versicherte er treuherzig.
„Eine klare Aussage,“ sagte meine Frau, die etwas gegen Volontärinnen hat, jedenfalls in kurzen Röcken mit schlecht vernähtem Saum, deswegen ist die jetzt auch weg. „Und kann ihnen geholfen werden!“, fügte Spottolski drohend hinzu, dem hörbar der Dill vom Hering aufstieß.
„Wie?“, wollten wir wissen. „Was wie? Die Bagger müssen rollen!“ schrie Spottolski. „Und wenn die Welt in Scherben fällt …“ – „Heut ist der Tag der klassischen Zitate!“ rief ich – „Jawoll … so werden die Trümmer einen Furchtlosen treffen.“
Es gehe um den Bau, nicht die Zerstörung einer Brücke, bemerkte ich. „Sag ich doch!“ wurde Spottolski lauter. „Diesen Betonköpfen muss klar vermittelt werden, wo der Hase hängt.“ – „Der Hammer!“ – „Wieso Hammer? Der Hase muss rollen, der Bagger, er wird rollen. Schreibst du überhaupt mit?“
Wie es denn seinen Wählern gehe, lenkte ich ab (siehe unser erstes Gespräch nach Spottolskis beispiellosem Entschluss, Politiker zu werden – wir berichteten hier). „Wem?“ Ich sagte, das seien die Leute, deren Sache er vertrete. „Das tu ich, ich bin für vernünftige Dosenkost.“
„Und Gedankenarmut?“ –“ „Allemal!“ Die sei in besten Händen, versicherte er. Dann wollte er schleunigst ins Freie, vielleicht bekamen ihm die Kräuter nicht.