Die Miezen seien am Feiern, berichtet Kater Spottolski im Vorübergehen: das Wort des Jahres. Leider sei es ein weiteres Mal weiblichen Geschlechtes. „Was guckst du? Weil ich des Genitivs beherrsche? Jetzt frag mich, wie das Wort des Jahres heißt, wohlgemerkt das Katzenwort des Jahres.“
„Sag an: Was ist das Wort des Jahres?“
„Du wirst es nicht verstehen. Ich erklär dir den Felinismus!“ Ich nicke verbindlich. Ich weiß, was sich für „Herrchen“ gehört.
Auf einmal ist Spottolski nicht mehr in Eile. Er und die Kater aus dem Oberdorf sind es jetzt leid. Sie möchten nicht länger mitgemeint sein, wenn von den Katzen die Rede ist. „Alles dreht sich um die Miezen. Wir bestehen auf unseren felinischen Rechten.“
Vielleicht sehe ich mimisch wie „Ach ja?“ aus, jedenfalls zählt er die Forderungen der Kater auf. „Erstens die Befreiung von der sexuellen Zumutung. Du willst wissen, was die Zumutung ist?“
Ich will, ich nicke ermutigend.
„Dass wir Kater für die Vermehrung zuständig sind.“ Ich verstehe. „Die dauernde Jagd, die Klopperei mit den Kollegen, ständig so tun, als ob man geil wäre.“ Spottolski schreit: „Wenn die Miezen nicht wären, würden wir uns dann noch kloppen? Na also!“
„Das ist belastend“, bestätige ich, und warte auf zweitens. „Zweitens?“
„Zweitens erfährst du, was los ist: Wir feiern das Katzenwort des Jahres. Aber davon verstehst du …“
„… Ich bitte dich, es gibt das Wort, das Unwort, sogar ein Jugendwort des Jahres. Ich kann was einstecken.“
„Na gut, das Katzenwort des Jahres lautet ‚Miauw‘. In deiner Schreibweise“, fügt er gnädig hinzu, „mit einem W am Ende.“
„Wie sonst“, nicke ich, „aber das war schon 2016 Katzenwort des Jahres.“
„Voriges Jahr, das war Miau, ohne alles. Geschlechtsneutral, ein früher Lichtblick für Kater.“
„Verstehe“, lenke ich ein. „Offenbar ein Fall von Homophonie? Wie in Leerstelle und Lehrstelle?“
„Werd nicht ausfallend,“ rügt mich der Kater, „daran ist nichts homophob.“
„Das ist einzusehen“, versichere ich. „Und was bedeutet Miau?“ – „Welches?“ – „Das neue.“
„Miauw bedeutet:‚Du gehst mir auf die Ohrspitzen.“
„Genial. Und das vom vorigen Jahr?“
„Miau steht für: ‚Der Winter zittert auf dem Huhn‘ oder gelegentlich: ‚Dreh dich langsam um, der Hering wackelt.‘“
„Der was?“
„Der Hering wackelt.“
„Der Hering wackelt?“
„Der Hering wackelt!“ Spottolski blickt mich an, voll der edlen Sanftmut. „Was sonst? Ein toter Hering wackelt. Miau, genau genommen Miou, wenn im gegenseitigen Einverständnis.“
Ich gucke schon ganz sparsam, aber mein Kater versteht, und er fährt fort: „Selbst diese Bedeutung ist im Großen Kuden feminin notiert, ich fasse es kaum.“
Wie die Katzen die homophonen Bedeutungen unterscheiden, möchte ich nun wissen.
„Das weiß man immer nie genau“, gesteht Spottolski. „Aber im Grunde ist es ganz einfach!“ schreit er. „Wer sich im Ton vergreift, kriegt einen gepfeffert.“
„Welch semantischer Reichtum!“ entfährt es mir. „Und wieso Hering?“
„Diese Frage ist typisch, eine Belästigung, total unfelinisch. Hering ist per se nicht anzuzweifeln. Aber du bist Mensch, du kannst es nicht besser. Und bevor du fragst: Mio bedeutet eine Ferkelei, die ich nicht übersetze. Genau wie Miahu. Da geniere sogar ich mich.“
„Wie kommt ihr zu dem Wort des Jahres, durch Wahlen?“
„Wahl, Einzahl, nicht Wahlen. Wir wählen und wir notieren nicht, wie ihr, auf der Rückseite des Wahlzettels eine Wunschkoalition. Wir panaschieren und kumulieren, und platsch da isses.“
Ich staune. Was die Jungs in der Katerabendschmiede lernen!
„Außerdem sprechen wir das Wort richtig aus, nicht halb englisch, halb deutsch wie ihr mit eurem Dschameika.“
Damit ich die Oberhand zurückgewinne, erfrage ich die weiteren Forderungen im Sinne des Felinismus: „Wir waren bei Zweitens.“
„Ge-nau. Viertens verlangen wir das volle Wahlrecht, wer wen freiwillig besteigt, nämlich auch mal gar nicht. Wenn unsereins keinen Bock hat. Geile Weiber!“ Schimpfend verlässt Spottolski die Räume der Redaktion. „Noch Fragen?“ Er habe eine unaufschiebbare Begattung in petto.
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