Den schwedischen Universitäten geht es an den Kragen. Sie müssen Stellenbewerbungen wieder in schwedischer Sprache zulassen. Diese Wende um 180 Grad wäre Spottolski beinahe entgangen. Er beherrscht ja so etwas wie Englisch fließend und setzt dieses als basiselementare Grundkompetenz voraus (außer bei den Katern vom Oberdorf, was soll’s). So blieb ihm bis vor kurzem verborgen, dass es in Schweden neben den fünf Minderheitensprachen – auch Schwedisch gibt.
Dazu muss man wissen: Schweden liegt oben. Da kommen starke Filme her (Fanny und Alexander, bei den Ohorner Miezen immer wieder ein Straßenfeger), Finnland liegt gleich daneben (ich sage nur PISA!), ferner smörgåsbord, Lisbeth Salander, Forstwirtschaft sowie Mitternacht. Da oben ist was los.
Selbstverständlich halten sich die Universitäten daran, was der Ombudsman verfügt: Keiner darf zur englischen Bewerbung gezwungen werden [1]. Sie hoffen dennoch weiter auf englische Texte. Die Hochschulen könnten nämlich eine angemessene Übersetzung nicht gewährleisten, warnen sie vorsorglich. Falls Sie hier nicht ganz aufmerksam mitlesen: vom Schwedischen ins Englische; denn meist müssten ausländische Gutachter befragt werden. Auf Englisch, das versteht sich, auch wenn sie Deutsche oder Chinesen sind.
An dieser Stelle fiel bei Spottolski der Groschen, außerdem von der Kralle der Thunfisch. So schlecht steht es bereits um das Schwedische, dass wissenschaftliche Angelegenheiten nicht mehr mit Gewissheit korrekt zwischen der Muttersprache der Bürger und der englischen vermittelbar sind? Fehlen da bereits die Worte? Das Können? Die Lust
Die Bürger, bemühte sich Spottolski der Volontärin zu erklären (das ist die mit dem Rock, ältere Leser erinnern sich) – also die Bürger, das sind die, aus deren Steuern die Wissenschaftler und die Labors und so weiter bezahlt werden, klar doch, auch die Forschung. Und die sprechen als Schweden von Hause aus Schwedisch, das ist seit 2009 die Amtssprache. In Schweden. Wo sie Schwedisch schon länger können.
Das mangelnde Schwedisch an den Hochschulen führt dazu, „… dass es viele jüngere Forscher gibt, die über ihre Wissenschaft fast keine anspruchsvolleren Berichte auf Schwedisch verfassen können. Und da kann man sich natürlich fragen, was das für die gesellschaftliche Diskussion zum Beispiel über Klimafragen oder Genforschung bedeuten kann.“ sagt der Vorsitzende des schwedischen Sprachrates, Olle Josephson. [2]
Achtzig Prozent der Schweden hätten fließend Englisch drauf, heißt es weiter [1]. Das wären immerhin mehr als in England, mokierte sich die Volontärin. Auf der Flucht vor dem miesen Englisch ihrer Landsleute ist sie nämlich bei uns gelandet, mitsamt ihren fabelhaften Röcksäumen, da gibt es keinen Stress. Hauptsache ist auf dem Feld, rief Spottolski, in Schland könne das nicht passieren, versicherte er und hob drohend die fettige Kralle: Hier seien die Bedürfnisse des Volkes und der Wissenschaft verzahnt wie zentrale Eckpfeiler, so engmaschig!
Jedenfalls müsse Schwedisch vom Aussterben gerettet werden. Er kenne da eine Mieze in Ljungby, aber das sei ein weites Feld. Spottolski bat daher um Sammlung und sprach gemessen die Worte: „Lieber Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd’ andere an!“
Ein alter Hut? Keineswegs: In Von Babylon nach Globylon zitiere ich die Königlich Technische Hochschule in Stockholm, die mittlerweile auch auf andere Weise zur Wiederentdeckung der Muttersprache gelangt ist. Dreimal dürfen Sie raten: Die Studenten verstehen sie besser. Ja doch.
Regionale Sprachen in Schweden sind Finnisch, Meänkieli, Samisch, und die anerkannten Minderheitensprachen sind Jiddisch, Romani sowie die schwedische Gebärdensprache.
[1] New York Times: Ruling Affirms Right to Apply in Swedish for Academic Posts in Sweden
[2] Radio Schweden: Höhere Weihen für das Schwedische