Leseprobe Nr. 5 aus Von Babylon nach Globylon
Globisch ist ordentliches Englisch, es ist keine Spezialsprache mit eigenem Vokabular. Die globische Rechtschreibung verwendet die Buchstaben, Zeichen und Zahlen des Englischen. Es verwendet die englische Grammatik. Es hört sich an wie Englisch, mit den Regional- und Dialektakzenten aus aller Welt. Wie wir sehen werden, bietet diese Vielfalt der Aussprachen dem Globisch-Schüler einen kleinen und unerwarteten Vorteil.
Aus dem gewaltigen englischen Wortschatz ist Globisch im ersten Schritt auf überschaubare 1.500 Wörter begrenzt.296 Im zweiten Schritt ergänzen wir sie. Zum Beispiel aus moderate bilden wir mit Vor- und Nachsilben moderator und moderating, aus model entstehen mehrteilige Wörter wie dessous modelling. Präpositional- und Partikelverben (phrasal verbs) vergrößern die Liste nach und nach. Sie wächst ferner durch Namen und Titel sowie die internationalen Begriffe wie police und pizza und schließlich durch die Fachbegriffe. Zum Beispiel verwenden wir für den Zweck dieses Buches Fachbegriffe wie Verb, rezeptiv, plurizentrisch – sie sind in den 1.500 Wörtern nicht enthalten. Ein wichtiger Unterschied ist die Regel, mit der wir im Globischen kurze Sätze bilden, höchstens fünfzehn Wörter lang.
Globisch begnügt sich mit weniger Verbformen bei Tempus (ich komme, ich kam, ich werde kommen) und Modus (ich gehe, ich ginge, ich würde gehen). Wir benutzen von den vielen Zeitformen in aller Regel sechs, und nur im gegenseitigen Einvernehmen elf, und mit Passivformen verschonen wir unser Gegenüber, zum Beispiel:
The car has been parked by the doorman. Das Auto wurde vom Portier geparkt. Besser: The doorman has parked the car. … Der Portier hat das Auto geparkt.
Glück haben wir bei der Aussprache. Sie ist weniger streng als im gebildeten Englisch. Wir müssen nicht alle schwierigen Laute aussprechen können; nur um die kritischen bemühen wir uns, jene die das Verständnis stören können, indem sie bei falscher Aussprache den Gesprächspartner auf eine falsche Fährte locken.
Der größte Unterschied zum Hochenglischen liegt im Gebrauch von Redewendungen, Redensarten, Witzen, Anekdoten, geflügelten Worten: Sie sind tabu. Mit Globish®/Globisch besitzt die Weltsprache einen Namen und ein eigenes Bedeutungsfeld, das sich wie von alleine durchsetzt; auf dieser Grundlage können wir uns weltweit mit jedem Gesprächspartner verständigen.
In einem offenen System entstehen die benötigten Formen im Laufe seines langen Gebrauchs. So ist die Verlaufsform (progressive oder continuous tense) Ausdruck einer Entfernung des Englischen von den übrigen germanischen Sprachen.
We might be calling later. Having turned the TV on, we waited for the news. I am very much looking forward to seeing you.
Die Entwicklung hat dazu geführt, dass im modernen Englischen die Zeiten der Verben anders gehandhabt werden als im Deutschen:
I am doing it besagt dasselbe wie: Ich bin dabei, es zu tun.
Das Englische hat damit eine praktische und vielgebrauchte Form gewonnen, mit denen Nichtanglophone erstaunlich schlecht zurechtkommen. Im Deutschen, Französischen und Italienischen haben wir ziemlich ungelenke Entsprechungen – wir drücken das Gleiche mit anderen Formen aus: Wir konstruieren die Sätze um. Am Niederrhein könnte dieselbe Aussage lauten: „Ich bin es am Machen.“ In den slawischen Sprachen wird der Aspekt raffinierter verwirklicht (dafür fehlen dort wiederum andere komplizierte Zeitformen). Im Globischen verwenden wir die einfachen Verlaufsformen; die komplizierten müssen wir (rezeptiv) nur richtig auslegen können, wenn sie unseren Weg kreuzen.
Im Gegensatz zur Hochsprache ist Globisch beides zugleich: eine natürliche Sprache und ein geschlossenes System konstruierter Sprache. Es setzt sichtbare Zäune an die Grenzen, die wir in der Hochsprache häufig missachten (und wo wir die Aufmerksamkeit unseres Gesprächspartners verlieren). Ein geschlossenes System ist beispielsweise die Regel, dass wir auf der rechten Straßenseite fahren. Daran hält sich sogar der Geisterfahrer auf der Autobahn – auf seine Weise.
Natürlich an Globisch ist, dass es den Sprachgebrauch der Nichtanglophonen sowie der bildungsfernen native speakers widerspiegelt. Konstruiert (oder künstlich) ist der Eingriff der ordnenden Hand, mit der wir Empfehlungen folgen, die das Lernen erleichtern und uns im Gebrauch von Abweichungen einschränken. Insofern ist Globisch eine offene natürliche Sprache, die künstlich geschlossen wird.
… (Ausführliches weiter auf Seite 240 im Buch Von Babylon nach Globylon).