„Deutsch brauchen wir nicht!“ … sagen sogar Hochschullehrer, man könne Goethe und die anderen Schreiberlinge auch auf Englisch lesen. Die Absicht ist klar: Deutsch als Landessprache durch Englisch ersetzt werden. Die so reden, übersehen neben anderen ein praktisches, peinliches Problem, das uns zwei Generationen lang plagen würde: Die Phase des Übergangs vom Deutschen zum Englischen.

Stellen wir uns vor: In fünfzig Jahren wird sich die englische Sprache durchgesetzt haben, nicht nur als Verkehrssprache des Welthandels, sondern als die übrig gebliebene Sprache. Zukunftsweisende Technik wird schon heute am liebsten auf Englisch verhandelt. Klarer Fall: Nur eine Sprache lohnt es zu beherrschen.

Das hat Vorteile. Kein Schwein mehr wird Sydney falsch aussprechen (es heißt Ssiddni, nicht Sidnäi), mit Fremdsprachen im Abi durchfallen gibt’s nicht mehr, Deutsch bleibt als Zweitsprache erhalten, die Note zählt wenig. aber könnte es Missverständnisse bei Ausschreibungen in der EU geben, ach was, weltweit? Nein, da kriegen alle die gleiche Chance, irgendwie, hoffentlich. Na schön, Germanisten, Übersetzer, Dolmetscher sterben aus. Aber Steuerknete werden wir sparen und der Finanzminister erfreut sich an schwarzen Zahlen. Na bitte.

Außerdem herrscht der Weltfrieden. Dafür sorgt Amerika.

Diese Vorstellung muss uns Deutschen entgegen kommen, Verzeihung, uns in Deutschland, die Deutschen gibt es dann nicht mehr, womit wir auch das schlechte Gewissen los sind, wegen der Verbrechen die in unserem Namen verbrochen wurden. Kein Schlußstrich, versteht sich, eher ein Schlußloch, worin wir verschwinden. Gewöhnen müssen wir uns nur an die Phase des Übergangs zwischen heute und dem Zeitpunkt, wenn es dann so weit ist. In dieser Phase lernen wir Englisch, denn das können wir heute noch nicht. Bevor das einer missversteht: Wer Englisch kann, versteht im BBC World Service jedes (!) Wort und kann am Hörertelefon sofort widersprechen: auf Englisch.

Deutsch verlieren wir bereits, aber darauf kommen wir ein andermal.

Die Englischstunden werden die meisten erst einmal schwänzen, es eilt ja nicht, auch kommt man nicht recht voran, es ist ja schwieriger als erwartet. Aber die Kinder, sie sind die Zukunft, ja die müssen es lernen! Kommt Zeit, kommt Rat. Und während die meisten Bürger wenig Englisch dazugewinnen, verlieren sie ihr Deutsch (Französisch, Estnisch, Tschechisch – Nichtzutreffendes streichen), es hört sich an wie Kanakisch, aber zum Bierholen reicht es allemal.

Wer es nicht glaubt, mag einmal versuchen, sprachlos zu denken. Vorsicht: In Gedankenschwaden schwelgen ist kein Denken! Sprachlos, abstrakt denken, das können fortgeschrittene Mathematiker, Musiker und vielleicht ein paar sehr Disziplinierte. Spätestens wenn sie ihre Erkenntnisse einem weniger esoterischen Publikum zu vermitteln haben, brauchen sie die Sprache.

In dieser Übergangsphase, also ein bis zwei Generationen lang, sprechen wir noch nicht gutes Englisch, aber schon nicht mehr gutes Deutsch. Das heißt, wir bündeln schöpferische Gedanken noch nicht auf Englisch, da stottern wir, aber auch nicht mehr auf Deutsch, da fehlt uns die Wendigkeit, und der Wortschatz sowieso. Falls wir zum eigenen Denken nicht schon zu faul sind, wird uns das wichtigste Werkzeug fehlen, Gedanken anzufertigen: die vertraute Muttersprache. Das ist die Sprache, die uns befähigt, Gedanken zu äußern und spätestens im Gespräch daraufhin zu prüfen, was sie denn wert wären.

Das ist aber nicht schlimm, dass unser Beitrag zum Durchdachten pausiert, wird auch kaum vermisst. In der Zwischenzeit lassen wir denken. Das tun jene, die das Englische draufhaben, Amerikaner, Engländer, Leute die im Restaurant laut reden. Wir überlassen es ihnen, Dinge zu erfinden, zum Patent anzumelden und vor Gericht zu verteidigen. Auf Englisch. Uns wird schon nichts fehlen, sie verkaufen uns ihre Lizenzen, und während uns ein Licht aufgeht, dass mangels Geistes unsere Wirtschaft immer kurzatmiger daherkommt, verkaufen sie uns ihre nahrhaften novel foods, ihre fail safe operating systems, ihre energy-saving devices.

Macht nichts. Dafür sind wir dann in fünfzig Jahren wieder dabei! Ganz sicher!

Mir soll’s recht sein. I can already English.