Ein wenig erquickliches Gesoräch über den Unterschied zwischen Billig, Preiswert und Bezahlbar provozierte den folgenden Beitrag. Zu einer gedeihlichen Kundenbeziehung gehören Zwei, außer dem Anbieter hat auch der Kunde etwas zu leisten.


Mancher Kunde erwartet, dass man seinem gestörten Vertrauen zu den Anbietern im Markt Verständnis entgegenbringe. Ihm soll nicht wie Rainer Hoffmann übel mitgespielt werden. Recht hat er. Auch wenn es ihn nicht tröstet: Jeder wurde schon mal über die Kante gezogen, jeder kennt den Zorn, wenn sein Vertrauen missbraucht wurde.

Die Frage ist, wie der Kunde mit seinem Zorn umgeht. Verzichtet er auf das Kochen, weil er sich am Herd einmal die Finger verbrannt hat? Wem schadet er damit am meisten? Ohne ein Mindestmaß an Vertrauen funktioniert keine Gesellschaft. Ich vertraue darauf, dass die anderen auf der rechten Straßenseite fahren. Zwar weiß ich, Besoffene und Übermüdete tun das schon mal nicht, trotzdem bleibt mir nichts übrig als auf die Einhaltung der Regel zu vertrauen … und für Ausnahmen hellwach zu bleiben. Ein Rest schwebender Ungewissheit gehört zum Normalzustand.

Ob ein Anbieter Vertrauen verdient, muss der Kunde selbst ermitteln. Dass ihm der Anbieter seine Vertrauenswürdigkeit nicht nur plausibel machen, sondern restlos beweisen müsse, nach Maßstäben, die nur der Kunde bestimmt, wäre keine billige Forderung. Auf Fangfragen vom Typ „Wie lang ist ein Stück Schnur?“ gibt es keine vernünftige Antwort. So gibt man weder dem Anbieter noch sich selbst eine Chance zur sauberen Bedienung eines Kunden.

Auch der Anbieter verdient Respekt: An potenziellen Kunden, die ihn quälen, aber nie etwas kaufen, könnte er kaputtgehen. Seinen Mitarbeitern schuldet der Unternehmer, dass er sie vor Blindleistungen bewahrt. Ich hatte eine Tante, sie war Verkäuferin in einer Mode-Boutique, ein richtiger alter Hase. Sie las schon aus der Körpersprache einer Kundin, kaum dass sie den Laden betrat, wieviel sie ausgeben würde. Kam dabei eine Null heraus, rührte meine Tante keinen Muskel: „Für solche Weiber habe ich keine Zeit“ (Originalton).

Lieber Kunde, meine Tante war die beste Verkäuferin in der Geschichte dieser Boutique. Sie übernahm auch den Einkauf, denn sie ahnte, was die Kundinnen wollen und was sie dafür zu zahlen bereit sind. Sie spezialisierte sich, Kunden angemessen zu bedienen. Nicht mehr und nicht weniger. Dass sie richtig lag, bewies die Treue ihrer Stammkundinnen.

Der kluge Anbieter komplizierter Produkte macht sich in ähnlicher Weise kundig für die tägliche Frage: Nützt uns dieser Kunde oder kostet er uns mehr Substanz als wir durch seinen – ziemlich unwahrscheinlichen – Auftrag hereinbekämen? Merke, für teure, erklärungsbedürftige Produkte und Leistungen gilt: Der Kunde ist nicht König, der Kunde ist Partner bei der gemeinsamen Lösung eines Problems. Der Engländer sagt dazu: It takes two to tango, zum Tango gehören Zwei..

Wenn wir zum Tanz kein Vertrauen aufbringen: Das Problem bleibt trotzdem unseres, nur wir können es lösen. Oder wir vermeiden das Tangolokal und im Straßenverkehr gehen wir zu Fuß, mit Rückspiegel.


Nachtrag: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht zu vermeiden. Gemeint sind aber nur die immer wiederkehrenden, typischen Begegnungen im Markt mit Leuten, die nie Kunden werden.