Manche Texter berichten, dass ihr Kunde einer wohlüberlegten, neuen Wortschöpfung misstraut: „Steht’s im Duden?“ Nur dann sei es rechtens, sonst müsse das Wort durch ein bekanntes ersetzt werden, und sei es noch so abgelutscht.
Die Frage geht am Wesen der Sprache vorbei, und sie widerspricht der Absicht der Dudenredaktion. Wozu der Duden da ist, beschreibt Karin Rautmann von der Redaktion hier: Wie kommt ein Wort in den Duden?.
Demzufolge kommt über kurz oder lang in den Duden, was das Sprachvolk so häufig verwendet, dass man es nicht mehr übersehen kann. Nicht der Duden entscheidet, sondern wir alle zusammen. Das ist mit Demokratie aber nicht zu verwechseln, denn dazu müsste eine von zwei Bedingungen zutreffen:
Entweder es gäbe ein (demokratisch entstandenes) Gesetz, das lautet: Was Deutsch ist, bestimmt der Duden. Oder es müsste für jedes Wort ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Beides ist nicht der Fall. Der Duden ist auch nicht die Bibel der deutschen Sprache. Er profitiert davon, dass die Leute glauben, er sei der Wahrer der Sprache. Nach dem Selbstverständnis der Redaktion ist er das aber schon gar nicht: Der Duden beobachtet, was sich in der deutschen Sprache tut und zeichnet es auf. Was davon bewahrenswert ist, beurteilt er ausdrücklich nicht.
Ob einem das passt, ist eine andere Frage. Ob ein Wort im Duden steht, kann jedenfalls nicht zu der Antwort führen: „Wenn’s im Duden steht, gibt es das Wort.“ Also, liebe Kunden: Öffnen wir unsere Fenster für Wörter, die den Leser überraschen und ansprechen (und die Redaktionen des Wahrig und des Duden verblüffen).