Auszüge aus Rezensionen
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Erstens die Muttersprache. Dann Globisch. Aus den Fremdsprachen wird nichts ohne die gepflegte Muttersprache

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Autor Horst Hensel[…] Deutsch erleidet fortwährend Domänenverluste oder Angriffe auf Domänen, also Sprachbereiche: Von der Kosmetik über den Sport und ausgesuchte Schulfächer, wenn sie auf Englisch unterrichtet werden bis zur Gerichtssprache und der Sprache von Gesetzestexten: Längst schon müssen sich die deutschen Bürger englischsprachigen Gesetzen aus Brüssel unterwerfen, ebenso politischen Beschlüssen, die der Bundestag auf der Grundlage englischsprachiger Brüsseler Vorlagen trifft, die allerdings von der Mehrzahl der Abgeordneten nicht verstanden werden bzw. ihr nicht in ausreichendem Ausmaß bekannt sind. Kommt hinzu, dass in Deutschland neuerdings Prozesse auf Englisch geführt werden dürfen. Durch all das droht das Einverständnis der Bürger mit dem Rechtswesen zerstört zu werden, mehr noch, wird die Demokratie angegriffen, da öffentliche Angelegenheiten von allen sprachlich verstanden, also muttersprachlich verhandelt werden müssen!

[…] So kommuniziert alle Welt auf Englisch (oder, Baer folgend, in einem Idiom, das sie für Englisch hält), ist damit aber dem Globischen näher als dem Englischen. Baer erneuert einen pragmatischen Vorschlag: Wissenschaft möge ihre Ergebnisse zweisprachig veröffentlichen, zuerst muttersprachlich, um sich gut auszudrücken und den eigensprachlichen Anschluss an die Entwicklung der Wissenschaft zu halten, erst dann auf Englisch, um international wahrgenommen zu werden; und das sollten die besten Übersetzer des Landes für sie tun auf Kosten des Steuerzahlers, denn die geistige Infrastruktur ist Staatsaufgabe, wie die Autobahnen, nur viel wichtiger.

Für den mündlichen Austausch schlägt Baer vor, dass ganz bewusst unterschieden werde: Wenn Englisch, dann nur mit Simultanübersetzern (der besten Qualifikation), anderenfalls müsse es Globisch sein, in der weisen und gemeinsamen Beschränkung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.

[…] Das Kapitel über Globisch belehrt. Und es ermuntert. Zum Beispiel den Verfasser dieser Rezension. Seine Erkenntnis, dass er, von niederer Herkunft und entsprechender Bildung, es mit Mühe zum Hochdeutschen, nicht aber zum Hochenglischen gebracht hat, nötigt ihn nun nicht mehr dazu, sich sprachlich zurückzuhalten, vor allem im Beisein seiner Töchter, von denen eine in Cambridge studiert hat. Er spricht ja Globisch!

Der Autor Oliver Baer hat ein wichtiges, ja, notwendiges Buch geschrieben; er verfügt über Kenntnisse, hat Humor, denkt folgerichtig und schreibt klar. Sein Buch vermittelt neue Einsichten und versammelt darüber hinaus so viele inzwischen geläufige davon, dass es auch als eine Art Nachschlagewerk benutzt werden kann. Seine Botschaft? Erstens die Muttersprache. Dann Globisch. Drittens Fremdsprachen und Übersetzungen.

Januar 2012,
Horst Hensel.

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Wie ein gutes Arzneimittel

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Volkmar Weise (Bild: www.fishfriendlyweir.com)
Oft beginnen Vor- und Nachworte, aber auch Rezensionen damit, wer das Buch lesen sollte. Hier ist die Verneinung sinnvoller, weil einfacher: Nicht lesen sollte es, wer meint in Bezug auf Sprache(n) schon alles zu wissen. Es könnte sein Selbstvertrauen untergraben.

In den ersten Teilen analysiert Oliver Baer nach einem Ausflug in die Sprachgeschichte akribisch den Wert der Muttersprache. Vielen ist zu wenig bewusst, dass die Muttersprache schon vor ihrem Erlernen von entscheidender Bedeutung für die Ausbildung des Denkens ist. Jede später dazugelernte Sprache baut darauf auf.

Nach Darstellung der Verluste, die wir mit dem Aufgeben der eigenen Muttersprache in Kauf nehmen müssten, geht Baer weiter zu der entscheidenden Frage: Können wir so einfach auf Englisch umsteigen? Er zeigt uns, auch anhand selbst erlebter Situationen, was Nichtmuttersprachler [1] im Englischen, auch unter optimalen Bedingungen, bestenfalls erreichen können. Das führt zu ernüchternden Schlussfolgerungen.

Auch ich fühle mich ertappt. Neben der Mehrzahl deutschsprachiger Lehrveranstaltungen halte ich auch eine in Englisch. Dank Oliver Baer weiß ich jetzt, dass es doch eher Globisch ist. Baer zeigt mit dem vorliegenden Buch die Fallen, in die ich getappt bin: Redewendungen, unklare Silbenbetonung. „Wenn’s weh tut, war es ein Treffer”, um den Autor hier treffend zu zitieren.

Der letzte Teil des Buches ist als Einstiegs-Lehrbuch für Globish gestaltet. Man ist geneigt, diesen Teil direkt für den Sprachunterricht an den Schulen vorzuschlagen, auch für den Deutschunterricht. Ja, als Lehrbuch, und trotzdem unterhaltsam. Das ist, was vielen Lehrbüchern fehlt. Wenn ich an meine Unterrichtsstunden in Englisch denke – die dabei erworbene Steifigkeit zu überwinden hat mich Jahre gekostet, um danach endlich Englisch, besser Globisch, praktisch sprechen zu können.

Globisch soll dorthin kommen, wo einige Teilgebiete der Informatik schon lange sind, nämlich zu einer gewissen Definition; mit der Möglichkeit der Erweiterung um Fachbegriffe. Auch der Philosoph Peter Janich betont in einem Interview [2]: „Daß begriffliche und argumentative Sorgfalt die Dinge zum Besseren wenden kann.”
Von Babylon nach Globylon ist ein Werkzeug zu dieser Sorgfalt – ein wichtiges, gutes Buch. „Gute Bücher wie gute Arzneimittel machen einiges besser.” sagte Voltaire. Ein Zitate- und Aphorismensammler hat mit diesem Buch übrigens alle Hände voll zu tun.

Zittau, November 2011.
Prof. Dr.-Ing. habil. Volkmar Weise
Vorsitzender der Fachgruppe Energietechnik an der Hochschule Zittau/Görlitz

[1] Wer die Leistungsfähigkeit der deutschen Sprache noch nicht verstanden hat, möge das Wort Nichtmuttersprachler in drei englischen Beispielsätzen mit verschiedenen aktiven und passiven Zeitformen einbauen.

[2] Peter Janich, Professor für Systematische Philosophie an der Universität Marburg. In: Forschung & Lehre 3/1999, S.168


Abschied von Babylon

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Holger Klatte, Geschäftsführer des Vereins Deutsche Sprache (Bild: VDS)
Abiturienten lernen in Deutschland heute mindestens acht Jahre Englisch. Nach der Schulzeit können sie alltägliche Gespräche in der Fremdsprache führen und die meisten Situationen auf Reisen bewältigen. Mehr nicht! Wer nicht das Glück hatte, längere Zeit in Großbritannien oder in den USA zu verbringen, fühlt sich ertappt, wenn er beim Eintritt ins Berufsleben Stellenanzeigen liest, in denen „fließend Englisch“ eine Grundvoraussetzung ist. Bestimmt können sich die Absolventen auf Englisch ganz gut verständlich machen, lesen englische Bücher und verstehen die meisten englischen Filme auch ohne Untertitel. Aber fließend? Spätestens bei der ersten Verhandlung mit englischen Muttersprachlern wird deutlich: Wir können nicht mithalten!

Denn gutes Englisch ist kein bisschen leichter zu erwerben als Polnisch, sagt der Marketingpraktiker und Publizist Oliver Baer in seinem Buch „Von Babylon nach Globylon“.

„Je besser man Englisch als Fremdsprache beherrscht, desto schwieriger ist es, darin Vollkommenheit zu erreichen“, weiß Baer, der selbst mehrere Sprachen spricht. In seinem Buch stellt er das oft lebenslange Bestreben in Frage, die Fremdsprache Englisch perfekt beherrschen zu müssen. Baer schlägt dem deutschen Publikum einen Ausweg vor: Globisch.

[…] Das bedeutet nicht, dass weltweite Kommunikation künftig ausschließlich in „gedrosseltem Englisch“ stattfinden soll. Für die anspruchsvolle Verständigung sind Fachleute gefragt. Baer nennt sie die „Sprachprivilegierten“, jene, die mehrsprachig aufwachsen, viele Jahre im anglophonen Ausland zugebracht oder Fremdsprachen studiert und zu ihrem Beruf gemacht haben. Baers Buch ist deswegen auch ein Plädoyer für den Berufsstand der Übersetzer und Dolmetscher – denn sie bieten Dienste an, die Unternehmen künftig anerkennen und einrechnen müssen, damit sie nicht über den Tisch gezogen werden. „Planstellen für Übersetzer sind staatliche Aufgaben wie der Bau von Autobahnen, nur wichtiger“, so Baer.

[…] Noch ein Grund dafür, dieses Buch zu lesen, ist die Leidenschaft, mit der es geschrieben ist. Baer erklärt die Gründe zur Förderung der eigenen Muttersprache so überzeugend, dass selbst der ärgste Anglizismen-Abwiegler ins Grübeln kommen muss.

Er rechnet vor, dass das weltweite Streben nach englischer Perfektion erheblichen (unbemerkten) Schaden für die Volks- und Sprachgemeinschaften bedeuten kann. „Nicht, dass es schlecht wäre, Englisch zu beherrschen, sondern weil es so bedingungslos wie gedankenlos angestrebt wird“, so Baer. Er weiß, dass aus den Unterschieden im Englischniveau ungezählte Missverständnisse entstehen, die Volkswirtschaften teuer bezahlen müssen, weil sich die Beteiligten selten bewusst sind, dass sie sich ungenügend verständigen. Baer macht an eindrucksvollen Beispielen deutlich, dass die Welt mit dem Anspruch auf vollkommenes Englisch viel Zeit (und Geld) vergeudet.

Globisch ermöglicht es, diese Zeit für die Muttersprache zu verwenden, sich mit der Literatur zu beschäftigen und vielleicht die eine oder andere Fremdsprache zu erlernen. Und damit nützt Globisch den Volkssprachen: Da, wo sich der Sprecher am besten auskennt, wo er zu Hause ist und sich sicher fühlt, in seiner Muttersprache, wird gedichtet, Literatur erzeugt, selbst geschrieben. Globisch stattdessen, dient der nüchternen Sachlichkeit.

Dr. Holger Klatte. Sprachnachrichten des Vereins deutsche Sprache Nr 50, Mai 2011.