Für einen Kunden durfte ich eine Stellenanzeige formulieren. Zuvor hatte er seine sämtlichen Mitarbeiter in einer Schulungsmaßnahme aufgeklärt, was sie wegen des Allgemeinen Gleichbehandungsgesetzes (AGG) von nun ab zu tun und zu unterlassen hätten.
In der Anzeige formulierte ich „die Menschen im Unternehmen“. Die Firmenanwältin prüfte den Text auf weiche Stellen, damit nur keiner wegen Diskriminierung klagen könne. Sie schlug vor, „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“ zu sagen. „Wieso?“ – „Weil es AGG-mäßig besser klingt,“ schrieb sie zurück. Meine Antwort: Siehe unten!
Etwa zur gleichen Zeit hörte man im Deutschlandfunk einen Akademiker, der brachte in drei Sätzen viermal „Doktoranden und Doktorandinnen“ über die Lippen. Ohne sich zu vertun. Nach dieser Logik wird demnächst einer über die Stasi-Informanten und Stasi-Informantinnen sprechen, über Mörder und Mörderinnen, Veruntreuer und Veruntreuerinnen. Fällt es nicht auf, dass negativ besetzte Begriffe stets männlich bleiben? Apropos Gleichstellung?
Mit Gleichbehandlung hat es wenig zu tun, wenn wir das grammatische Geschlecht mit dem verwechseln, was die Leute zwischen den Beinen haben. Sonst müssten wir klären, weshalb die Mauer weiblich ist und der Schuh männlich. Es gibt Sprachen, da ist das grammatisch Männliche und Weibliche zu einem Geschlecht verschmolzen, dem sogenannten Utrum. Das Englische gar kennt nur noch ein Geschlecht; Gleichbehandler hätten womöglich die Frage zu klären, wie sich die Leute dort vermehren.
Um den Kern der Sache geht es in Wirklichkeit nicht. Tatsächlich kann mit Aussicht auf Erfolg ein Böswilliger drei Monatsgehälter einklagen, weil er sich durch ein Stellenangebot diskriminiert fühlt. Firma Hase sucht eine Sekretärin, das darf sie nicht. Es könnte sich nämlich ein Mann melden wollen. Nehmen wir an, er wollte sich bewerben. Dann könnte er seinen Verstand einschalten und schreiben:
„Alles, was Sie laut Anzeige von einer Frau erwarten, kann ich besser als jede Sekretärin, der ich begegnet bin. Muss es eine Frau sein oder wollen Sie mich zum Gespräch einladen?“
Ich würde ihn sofort zum Gespräch bitten. Selbst wenn ich gute Gründe hätte, eine Frau vorzuziehen, weil mich der Männerüberschuss in meinem Betrieb nervt.
Solche Gedanken kann sich der Unternehmer von nun ab schenken, sie passen nicht in den Sinn des neuen Gesetzes. Es dient denen, die sich nicht bewerben wollen, eine flotte Mark zu kassieren. Seit dem AGG sind Vorurteile verboten, aber immer noch da. Mord und falsch parken sind auch verboten. Jetzt wohnen die Vorurteile eine Etage tiefer. Wo sie umso schwerer zu packen und so gut wie gar nicht mehr auszurotten sind.
Ist eine erzwungene Tugend eine echte Tugend, oder nur eine Pflichtübung? Welchen moralischen Nährwert besitzt vorurteilsfreies Handeln, wenn es vorgeschrieben wird? Eine Tugend, die wir selbst erwerben, schafft Charakter, eine auferlegte Aufgabe ersetzt den Charakter durch Druck von außen. Druck schafft Gegendruck, also das Gegenteil dessen, was gewünscht war. Jemand die Chance zu nehmen, dass er seine Tugend selbst erwerbe, heißt, ihm die Würde zu verweigern, die ihm als Menschen zusteht beziehungsweise ihr als Menschen zusteht. Entschuldigung, das muss natürlich Menschin heißen. Gar nicht so einfach, das.
Somit vergreift sich das Gleichbehandlungsgesetz am Grundgesetz, Artikel 1, Absatz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Und was sich in der Wirklichkeit abspielt, seit dieses Gesetz in Kraft trat, ist nur noch würdelos, und spottet vollends der Absicht des Gesetzes. Dabei wäre es so einfach gewesen, Gut und Böse zu unterscheiden, denn wie immer verrät sich das Böse in seiner Sprache. Die Wortfolge „Doktoranden und Doktorandinnen“ beweist nämlich keinen Respekt, sie verhöhnt die Zuhörer und macht die Betroffenen zu Instrumenten einer Ideologie.
Meine Antwort lautete: „Hier beginnt der Widerstand!“
Die baerentatze verspricht: Hier wird auch in Zukunft für Menschen geschrieben.