In der ZEIT zerrupft der Literaturkritiker und Autor Ijoma Mangold die Regierungspläne für das Demokratiefördergesetz, welches der Gestaltung gesellschaftlicher Vielfalt und der Extremismusprävention dienen soll.

Innenminister Nancy Faeser hatte sich zu einer Warnung wie aus Budapest oder Ankara hinreißen lassen: „Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen.“ Dass Hass und Häme ungut sind, bezweifelt auch Mangold nicht. Er fragt aber, was die Regierung damit zu tun haben solle. Sie würde also entscheiden, welche Vereine und Organisationen in diesem Zusammenhang Steuergelder bekommen. „Das treibt den Schulterschluss zwischen Regierung und Nichtregierungsorganisationen stärker voran, als es für die urliberale Trennung von Staat und Gesellschaft bekömmlich ist“, meint Mangold. Es sei nämlich nicht Aufgabe der Regierung zu organisieren, welche ideologische Meinungsbildung aktuell willkommen sei. Schon jetzt beziehen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) Steuermittel aus Töpfen wie „Demokratie leben“, darunter Correctiv, das Kompetenznetzwerk Rechtsextremismuspräven­tion und die Amadeu Antonio Stiftung. Für Mangold sieht das „nach einem weltanschaulich geschlossenen System aus, in dem NGOs und Regierung wie ein eingespieltes Team zusammenarbeiten.“

Nach welchen Kriterien werde dann bekämpft, was Hass, was Sexismus und was Rassismus sei? „Ein skeptischer Blick auf die Migrationsströme wird vielerorts bereits als Rassismus, ein freundliches Wort über das Glück der Mutterschaft als Sexismus gewertet.“ Einseitig orientiert dürfe eine Nichtregierungsorganisation sein, staatliche Organe dürften es ausdrücklich nicht. „Der Staat soll das Recht durchsetzen, nicht über Einstellungen wachen“, betont Mangold. Der Rechtsstaat sei für Straftaten zuständig, nicht für hässliche Gesinnungsäußerungen. Wohlgemerkt, es geht um Sprache.

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, warnt vor Denk- und Sprachmustern, und man müsse dafür sorgen, dass sich diese „nicht in unserer Sprache einnisten.“ Es gehöre aber nicht zur Aufgabe des Verfassungsschutzes, semantische Prüfsiegel zu verleihen, korrigiert ihn Mangold und erinnert daran, dass die freiheitliche Demokratie von einer grundsätzlichen Unterscheidung lebt: Staat und Gesellschaft sind zweierlei. Der Regierung fehle dafür zurzeit das Feingespür. Mangold empfiehlt im Rahmen des Demokratiefördergesetzes „ein paar Lektionen Staatsbürgerkunde für Kabinettsmitglieder.“ Kurzum, der demokratische Staat habe den Pluralismus der Gesellschaft zu ermöglichen, er habe ihn nicht vorzuschreiben. „Nur totalitäre politische Systeme streben die Identität von Staat und Gesellschaft an. Dann regiert die Überzeugung, der Staat verfüge über eine die Wohlfahrt aller befördernde Wahrheit.“

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