baerentatze

wo es um Sprache geht (noch im Umbau)
Verändert sich die Sprache?

Mittwoch 18 Juli 2007

Die Sprache verändert sich. Wohl jeder von uns hat diesen Satz schon verwendet. Und viel wird mit diesem Satz gerechtfertigt:

„Wir müssen die Anglizismen hinnehmen, die Sprache hat sich doch immer schon verändert“, „Wir müssen die Rechtschreibung verändern, weil sich die Sprache verändert.“ Der Durchschnittsmensch hört diesen Satz und akzeptiert dann [jeden sprachlichen Unfug als „natürliche“ Veränderung]. Und doch ist er falsch, die Sprache verändert sich nicht.

Halt, halt, wird da manch einer sagen, das stimmt doch nicht, wir sprechen doch nicht mehr wie im Mittelalter, ohne Studium kann man Althochdeutsch nicht verstehen, nicht einmal immer Luther. Nun, ich bestreite nicht, daß die Sprache anders ist als früher, aber sie verändert sich nicht. Schon Wittgenstein wies darauf hin, daß das Denken durch die Ausdrucksweise der Sprache in die Irre geführt werden kann. Die Sprache verändert sich nicht, sondern sie wird verändert, und zwar vom Menschen.

Früher haben Herrscher, Sprachakademien, Sprachgenies wie Dichter oder Sprachpfleger und das gemeine Volk sie verändert, heute nehmen sich vornehmlich die internationalen Konzerne dieser Aufgabe an. Die Sprache wird vom Menschen verändert, aber nicht immer bewußt, absichtlich, sondern auch unbewußt (vgl. Keller, Rudi: Sprachwandel, UTB 1567), so wie ein Stau ja nicht absichtlich von Menschen verursacht wird, aber von Menschen verursacht wird.

Man kann aber den Satz „Die Sprache verändert sich“ schon benutzen, nämlich wie den Satz „Der Porsche hat sich in den letzten zwanzig Jahren verändert“, also im übertragenen Sinne, aber nicht im Sinne von „Tante Kunigunde hat sich in den letzten zwanzig Jahren verändert“, denn der Sprache wohnen keine Gene inne, welche die Geschichte der Sprache steuern. Das große Problem, das zu vielen Mißverständnissen geführt hat, ist, daß viele Menschen die Sprache bewußt oder unbewußt als einen Organismus behandelten und behandeln.

Diesen Beitrag zitiere ich hier ungekürzt, mit Erlaubnis des Autors, Dr. Gottfried Fischer. An der Quelle Die beliebtesten Irrtümer finden Sie übrigens auch die Richtigstellung eines oft wiederholten Anwurfs: Nein, der sogenannte Führer hat Verdeutschungen eben nicht geschätzt, er hat sie unterbunden. Und die schöne Frakturschrift hat er auch verboten.


  1.  
    20. September 2008 | 07:47
     

    „Die Sprache passt sich der gesellschaftlichen Entwicklung an.“ Siehe 400 brandneue deutsche Wörter.. Eben diese Quelle belegt, dass nicht die Sprache sich anpasst, sondern sie wird angepasst, in diesem Fall durch den geschäftstüchtigen Duden-Verlag, der halt mit 400 Neologismen bis zur nächsten neuen Gesamtausgabe ein bisserl Kohle machen will. Wie üblich, nimmt er auch einige überflüssige Denglischkreationen und Anglizismen auf, die man besser totgeschwiegen hätte.

  2.  
    6. Februar 2008 | 01:43
     

    Seit langer Zeit suche ich den sprachlichen Oberhammer, um schneller an das Reiseziel meiner niedergeschriebenen Gedanken zu kommen. Endlich darf es mich mit Freude erfüllen, ein Juwel ausfindig gemacht zu haben. Das Glanzstück der deutschen Sprachparade heißt „kulturkonservativ“. Nun weiß eigentlich jeder Stino, dass Kunst und Kultur derart breitgefächert sind, so dass man kaum in der Lage sein kann, ein betoniertes Allzeitwörtchen mit Hüftschwung in diese monströse Phalanx zu schleudern. Allein ein Meisterwurf aus der totgeglaubten Mottenkiste fand sein Ziel. Sollte man Abstriche des Verstörtseins wegen machen müssen, wäre ich darüber entsetzt. Ein derartiger Erguss soll Wurzeln treiben.

    Beleuchtet man die Beiträge, so trifft man eine ausgemachte Abwechslung an. „Konservativ „fällt somit unhaltbar durch die Roste. Hingegen darf das Wörtchen „kulturkonservativ“, schön nichtssagend, in der Gedankenschleuder des Konfuzius Einzug halten. Ja nicht korrigieren , die sprachliche Fehlerquote soll Früchte treiben und uns begeistert an der Ernte teilhaben lassen.

    Mit einem Schmunzeln hinter vorgehaltener Hand:
    Prenzlmaler. :o)

  3.  
    21. Januar 2008 | 20:54
     

    Vielleicht erklären Sie noch, was hier so kulturkonservativ ist. Oder stört Sie nur die Abweichung von Ihrer Meinung?

  4.  
    marc bertrams
    21. Januar 2008 | 10:09
     

    nun, ich muss schon sagen…..bin als linguist doch ein wenig, gelinde gesagt, verstört/bestürzt ob der kulturkonservativen ergüsse hier!!!!

  5.  
    22. November 2007 | 17:46
     

    Also hätte die Sprache vonselbst das Wort Muckibude entwickelt, oder vielleicht doch Menschen, die das Wort erfanden und andere, die es aufgriffen?

  6.  
    Marlies Matthews
    25. Oktober 2007 | 23:46
     

    Da ich Ende 1977 nach England ausgewandert bin und kürzlich erst wieder nach Deutschland zurückgekehrt bin, weiss ich, dass die deutsche Sprache sich sehr verändert hat. Ich rede nicht nur von den vielen (Pseudo-) Anglizismen, sondern auch von deutschen Ausdrücken, die es damals wirklich nicht gab. Zum Beispiel die Ausdrücke: stimmig, mittig, zögerlich, Prozedere, Muckibude. Es gibt bestimmt noch sehr viele andere, aber dies sind Ausdrücke, die mir jetzt spontan einfallen, die ich gar nicht kannte, als ich nach so langer Abwesenheit wieder in Deutschland wohnte.

Die Kommentarfunktion ist zur Zeit geschlossen.