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wo es um Sprache geht (noch im Umbau)
Spielwiese der Bewegten

Montag 13 November 2017

Wir Sprachbesorgten befassen uns mit Fragen, die uns wichtig, manchen Widersachern aber gleichgültig sind. Dazu zählt das Gendern der Sprache, ein Thema, bei dem die Gegner aneinander vorbei reden. An den Scharmützeln beteiligt hat sich der Autor dieses Beitrags; es wird Zeit, genauer hinzusehen.

Die Linguisten mit ihrem Wissen und die Laien mit ihrem Sprachgefühl haben Recht, behalten es aber nicht. Das Bemühen um entpatrifizierte Ausdrucksweise mündet in Sprachhülsen, die Sprache wird so genießbar wie das Deutsch der Behörden. Die Debatte soll die Gegner des Genderns ermüden. Es gehört zum guten Ton, die Argumente des anderen gar nicht erst zu hören, geschweige denn zu lesen. Was wir jedoch verkennen: Den Genderbewegten geht es überhaupt nicht um die Sprache.

Vom Hölzchen aufs Stöckchen (® Baer)

Sie ist die Spielwiese, auf der Feministen ihre Stöckchen werfen und wir rennen. Unermüdlich bellend beflügeln wir ein Spektakel, das die Sache der anderen voran bringt, unserer aber keinen Deut weiterhilft.

Das Gendern „soll zur Sensibilisierung führen und Diskriminierung bewusst machen“, so vornehm kann man das ausdrücken. In Wirklichkeit geht es um mehr: Das Bewusstsein und der Sprachgebrauch der Bürger sollen umgestülpt werden. Diesem Zweck nützt jede Erwähnung, jeder Widerstand. Jede Kritik heizt die Debatte an, stets zu Gunsten der Gendermission, getreu der Hollywood-Weisheit: „Wenn ich mal nur erwähnt werde, Hauptsache mein Name ist richtig geschrieben!“ Tatsächlich kümmern sich die Feministen ein nasses Stöckchen um unsere Argumente, denn wir lassen sie die Regeln des Spiels bestimmen. Das dreht sich um die Gleichstellung der Frau, und was dabei aus der Sprache wird, kümmert sie nicht.

Sollte man meinen. Dass es um das Los der Frauen geht. Nicht nur wir verwechseln das Offenkundige mit dem Wahren. Sehen wir genauer hin. Um die Gleichstellung der Frau geht es den professionellen Feministen durchaus, aber nur nebenbei. Hauptsache sie finden sich in ihrem eifrigen Tun bestätigt. Sie überleben in einer Nische der subventionierten öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Suppe reicht für ungezählte Gleichstellungsbeauftragte, -bewegte und –forschende; sie bilden den harten Kern. Hinzu kommen die gutwilligen Mitläufer, die Kulisse der Sympathisanten. Das sind Millionen aufrechter Amateure, sie werden gebraucht zur Bildung einer kritischen Masse für politische Bewegtheit.

Sie verkennen die gesellschaftlichen Folgen einer ideologisch befrachteten Sprache, und wir erleichtern ihnen die Ignoranz, denn sie nehmen uns als Besserwisser wahr: Was ist schon das Gedeihen der Sprache, ein abstraktes Festhalten an Konventionen, gegenüber dem greifbaren Schicksal der weiblichen Hälfte der Menschheit? Wie können wir nur so eitel, so ungalant sein, uns der guten Sache mit semantischen und grammatikalischen Einwänden zu verweigern?

Haben wir dieses Dilemma verinnerlicht, ertragen wir auch die Weiterung. Halten wir fest: Die Profis überzeugen wir sowieso nicht, uns kann es nur um die Mitläufer gehen. Wir sollten aufhören sie zu verschrecken. Wir müssen uns besinnen, was wir Überzeugendes, Positives zu bieten haben. Setzen wir an dieser Stelle ein Lesezeichen, bevor wir im österreichischen Leitfaden (pdf) für einen „nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch“ nachschauen. Dieser gilt ausdrücklich „in Bezug auf junge und alte Menschen, Menschen mit Behinderung, Frauen und Männer, Schwule, Lesben und Transgender, Migrant/innen und Menschen mit einer anderen religiösen Zugehörigkeit.“ Aufgepasst, es geht ums Ganze, und das besteht von Anfang bis Ende leider nur aus Floskeln. Dabei ist es nicht nötig, dass irgendwer das Gerede ernstnimmt, Hauptsache, er lässt sich die Synapsen plätten, bis er die allfälligen Lippenbekenntnisse brav herunterbetet.

    Einer Sprache, die vor lauter Gehhilfen ihren geistigen Horizont verliert, hört keiner zu, ernsthaft gelesen wird sie schon gar nicht. Genau das ist Zweck der Übung: Wer die Sprache beherrscht, bestimmt das Denken.

Wer sich an dieser Übung beteiligt, ist selber schuld. Machen wir uns lieber Gedanken: Wie vermeiden wir ideologisch manipulierte Sprache? Wie verhalten wir uns einfühlend gegenüber den Betroffenen (können etwa nur Frauen putzen?), aber auch nicht scheinheilig (werden zum Schnitzel wirklich Zigeuner verarbeitet?). Unsere Kritik an der Zerstörung der Sprache beenden wir selbstverständlich nicht.


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