Nein, zwischen Denkern und Gläubigen ist keine Mauer geplant (Bild © Fotolia)
Was unter dem Kürzel #metoo eingefordert wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Oder besser: Sie wäre es, würde sie nicht überlagert durch ein zerstörerisches Anliegen. Die zu Recht erbosten Frauen vergreifen sich an der freien Rede, und das schadet auch den Betroffenen.

„Mein Herr, Sie haben meine Dame fixiert!“ Seltsam, wie dieser Satz aus fernen Zeiten herüberweht, als würde er in diese Gegenwart passen. Wir kennen ihn aus Büchern und Filmen. Wer so sprach, forderte zum Duell. So starr waren die Sitten, und das werden sie offenbar wieder. Im Spiegel (4/2018) war zu lesen: Zusammen mit 30.000 Stimmen einer Netzpetition fordert Minnie Driver, dass Matt Damons Auftritt aus dem Film „Ocean’s 8“ geschnitten werde. Nicht wegen irgendwelcher Stellen im Drehbuch, nein, er hatte sein ausdrückliches Lob für die #metoo-Kampagne so ergänzt: „Zwischen einem Klatsch auf den Po und Vergewaltigung oder Kindesmisshandlung besteht aber ein Unterschied.“ Minnie Driver – früher mit ihm liiert – verkündete dann auf Twitter, Männer wie er seien „systemisch Teil des Problems“, gerade wegen ihrer Differenzierungsversuche zwischen sexueller Belästigung und Vergewaltigung.

Hoppla, das ist so eine Stelle, an der man ganz, ganz langsam weiterlesen darf. Auch unbescholtene Männer wie er dürfen nicht unterscheiden? So wie man Mundraub, Einbruchdiebstahl und Raubüberfall unterscheidet? Ein paar zehntausend Frauen, oder lass es Millionen sein, wollen durchsetzen, dass Matt Damon, und wir mit ihm – in der denkbar plattesten Auslegung des Digitalen in diesem Zeitalter – nur schwarzweiß denken dürfen: als gäbe es nur Null oder Eins, An oder Aus. Warum müffelt das nach „gesundem Volksempfinden“? Merken die Frauen und ihre wackeldackelnden Männer nicht, in welche Falle sie uns locken?

Sobald wir aufhören, mittels der Sprache zu unterscheiden, lassen wir uns vorschreiben, was wir denken sollen, also glauben müssen. Zum Menschsein gehört aber, dass wir klären, ob zwei Dinge dasselbe oder nur das Gleiche oder überhaupt etwas ganz Anderes sind. Der Generalangriff auf die Sprache läuft bereits. Minnie Driver ist zu danken, dass sie die Strategie so treffend entlarvt hat: Wir sollen von der Chance enteignet werden, die Dinge aus eigener Kraft wahrzunehmen, zu erkennen, zu unterscheiden, einzuordnen. Wir sollen, sprachlich kastriert, denken und sagen, was angesagt ist. Das Ansagen haben die Nationalsozialisten getan, die Kommunisten, die Faschisten. Die Islamisten tun es, die christlichen Fundamentalisten und mit ihnen viele liebe, gute Menschen, die nicht merken, was auf dem Spiel steht.

Das ist keine Verschwörung. Schlimmer, da schalten die Leute ihr Gehirn freiwillig aus. Aber wem schon die Sprache fehlt, das Gewünschte wie das Verbotene auszudrücken, der wird es nicht mehr wahrnehmen, wenn es ihm auch ins Auge springt. Der darf nur nachplappern, was als richtig gilt – und das legen andere fest. Der Verdacht besteht, dass nicht alle so unschuldig sind, wie sie tun; sie glauben an einen guten Zweck: Dieses kleine Opfer sei aus Respekt vor der weiblichen Kreatur gerechtfertigt!

Das ist es nicht, denn hier werden wir um die Substanz betrogen. Einen Wandel in meinem Bewusstsein führe ich – und nur ich selber – in mir herbei, indem ich die Klarheit meines Denkens bewahre und strapaziere. So gelingt mir der Austausch zwischen dem Denken und der Sprache. Lassen wir uns die Sprache nehmen, wird das Ergebnis keine Verbeugung sein, die wir uns leisten konnten: „Den Versuch war es aber wert!“ Beschränkte Sprache erlaubt beschränktes Denken, mehr nicht. Wenn bereits ein unbescholtener Schauspieler aus seinem Film zu schneiden ist, weil er seinen Alltagsverstand auch sprachlich noch zu verwenden imstande ist, so wird eines deutlich: Da denken zu viele Frauen so unklar, wie sie reden.

Ms Driver, sie haben uns Herren fixiert, das verbitten wir uns!


Minnie Drivers Angriff ist auch hier nachzulesen: Petition demands Matt Damon be cut from Ocean’s 8