Die Landessprache gehört in die Verfassung, wie in fast allen Staaten Europas, das forderte der Verein Deutsche Sprache schon 2005, bevor das Thema zum Spielball auf Parteitagen wurde, und dreizehn (!) Jahre bevor ein Antrag ähnlichen Inhalts im Bundestag ausgebuht wurde, weil ihn die AfD vorgelegt hatte.
Immerhin bot dieser Antrag sämtlichen Parteien erneute Gelegenheit, sich zu blamieren, und das ist sinnbildlich für ein Land, wo Freiluftfernsehen mit Leichenbeschau (public viewing) verwechselt wird. Englisch nicht können, aber Deutsch verachten – das muss man erst einmal fertigbringen.
Der Verein Deutsche Sprache (VDS) sollte seine Formulierung durch einen Zusatz ergänzen, besser spät als nie: „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch. Die herkömmlichen Rechte der regionalen Minderheitensprachen bleiben unberührt.“
Hier ein paar sinnige Gründe, weshalb das auch die Grünen und die Linken im Parlament zur Kenntnis nehmen mögen:
➜ Deutsch wird an unseren Hochschulen durch Stummelenglisch ersetzt. Akademische Exzellenz kommt ohne Sprachbeherrschung aber nur ausnahmsweise zustande; Wissenschaft in schlechtem Englisch führt direkt in die Zweite Liga von Forschung und Lehre.
➜ Konzerne und manche Mittelstandsbetriebe führen als Haussprache ein aalglattes Schleierenglisch ein. So lange es blendet, schmückt es den Sprecher und hilft ihm den Inhalt seiner Rede zu vernebeln, während die wirklichen Fachleute in meetings lieber den Mund halten, als sich in einer fremden Sprache bloßzustellen. Made in Germany verliert seine Glaubwürdigkeit.
➜ Verbraucher erhalten oft keine brauchbaren Informationen in der Landessprache. Der aus der Werbung sattsam bekannte Sprachmischmasch (Denglisch) sickert in Handbücher und Bedienungsanleitungen ein, ohne Rücksicht auf Klarheit und Richtigkeit. Oft bedarf es einer überlegenen Englischkenntnis um zu erraten, was die Autoren ursprünglich gemeint haben mochten.
➜ In den Institutionen der Europäischen Union spielt die – in der EU meistverbreitete – Muttersprache keine nennenswerte Rolle mehr. Mit teuren Folgen für Bürger, die mit ihren Anliegen, und Unternehmen, die bei Ausschreibungen benachteiligt werden.
Deutsch im Grundgesetz würde dazu führen, dass die Hochschulen zuerst die Muttersprache der Bürger und Steuerzahler verwenden müssen, bevor sie sich auf Englisch – übrigens: warum nicht Mandarin? – einlassen. Die Unternehmen könnten sich auf die Vorzüge einer weniger fehlerhaften Kommunikation besinnen (nebenbei sei es erwähnt: Gutes Deutsch ist die erste Voraussetzung für den Erwerb der englischen Sprache, oder der chinesischen). Die Bürger einschließlich der Zugewanderten würden veranlasst, gemeinsam ihr Medium der Verständigung, die Landessprache, zu pflegen, statt dem grotesken Glauben anzuhängen, dass Englisch eine praxistaugliche Amtssprache für Deutschland wäre.
In der Vielfalt der Muttersprachen liegt Europas wahre Stärke, dazu darf und muss die deutsche Sprache beitragen. „Deutsch ins Grundgesetz!“ bleibt ein Thema, egal wer auf das Trittbrett springt, um es für seine ideologischen Zwecke zu gebrauchen – oder zu verbiegen. Bei der AfD ist das Thema jedenfalls nicht gut aufgehoben. Nicht zu verstehen ist nur, weshalb die anderen Parteien die deutsche Sprache der AfD überlassen, so als ginge das Thema die Bürgerlichen, die Progressiven, die Liberalen und die Linken nichts an.
Dieser Beitrag wurde im Herbst 2018 in den Sprachnachrichten des Vereins Deutsche Sprache (3/2018) veröffentlicht, und hier im Blog der baerentatze umständehalber erst heute.