Gegenderte Sprache soll den Frauen zugutekommen. Tut sie aber nicht. Sie behindert die Gleichstellung der Frau, und je länger und gründlicher gegendert wird, desto weniger lässt sich der angerichtete Schaden umkehren. Geschädigt wird, außer den Frauen und unversehens, auch die Sprache. Sie wird mit Unsinnigkeiten durchsetzt, deren Gebrauch zum guten Ton gehört. An anderer Stelle werden die Klimmzüge beschrieben, die den Sprechern und Autoren zugemutet werden; hier betrachten wir eine Folge der genderbedingten Sprachverhunzung.
Was regt sich in uns, wenn da vorne am Mikrofon einer ansagt: „Liebe Kollegen und Kolleginnen!“ statt wie früher: „Liebe Kollegen!“ Nichts regt sich. Der Redner floskelt, und wir freuen uns auf sein Schlusswort. Da wir zwischendurch auch mal zuhören, bemerken wir, was bei uns ankommt. Es hört sich an wie „Liebe Kolleen und Kolleein!“ Das verzeihen wir dem Sprecher, derlei Abrieb kennen wir aus dem Alltag, er ist unvermeidbar, und wir hören, selbst wenn wir zuhören, sowieso nur die Floskel.
Lästiger ist schon der ganz Korrekte, der Silbe für Silbe artikuliert: Da sind die Mit-ar-bei-ter-in-nen kaum zu überhören. Was das bei uns bewirkt, geht nicht zugunsten der Frauen, sondern zu Ungunsten des vollmundigen Gleichstellers, der uns belehrt: „Hört her, ich trage das Los der immer noch Ungleichgestellten auf der Zunge!“ Sind wir gut aufgelegt, rufen wir im Stillen: „Is ja gut, bist ein Guter!“ Meist aber sind wir schlecht aufgelegt, uns nervt die ständige Wiederholung, da fehlt uns die Lust, überhaupt noch hinzuhören. Den Redner auszubuhen, sind wir zu höflich, außerdem gucken die Leute immer so. Was bleibt, ist eine miese Laune, und wer hat sie auszubaden? Die Frauen. Sie sind ja gottseidank schon fast gleichgestellt, den fehlenden Rest kriegen wir noch hin, also Ihr Guten, lasst es mal gut sein!
Warum machen die gleichstellungssympathischen Synapsen schlapp, kann man die nicht umschulen? Etwa durch beharrliches, noch häufiger wiederholtes Gendern? Eher nicht, denn da steht dem Erfolg eine Fähigkeit entgegen, die wir als Kinder erworben und bis ins Alter nicht vollends verschüttet haben. Wir unterscheiden trennscharf zwischen Rede, die wir schätzen und Floskeln, die wir verachten („Er schon wieder“). Kinder kann man schlecht anlügen, sie merken, wenn einer falsch singt.
Das Gehirn zweigt den Kitsch hierhin ab, das Echte dorthin. Als Erwachsene schalten wir den mentalen Kitschmelder ein, wenn wir die Netze im Gehirn mit frischen Impulsen beleben, wenn wir die aufrichtig gemeinten Symbole vom Kitsch bewusst unterscheiden. Beide, die Symbole wie der Kitsch verwenden die Sprache, manchmal sogar dieselben Worte. Der Unterschied ist wichtig, denn im Kitsch denken wir anderer Leut Gedanken, keine eigenen. Selbst wenn uns beim Lesen oder Zuhören nichts sofort auffällt – so abgehärtet wird man ja – im Stillen funken die neuen Synapsen und die sympathischen älteren lassen wir verkümmern. Schade drum, im eigenen Interesse.
Symbole sind zu schätzen, nicht zu verheizen! Als moderne Männer stehen uns die modernen, gleichgestellten Frauen näher als die Hollywood-Püppchen der Fünfziger Jahre („Streng dein hübsches Köpfchen nicht an“). Wir fühlen uns von den ach so Guten über die Kante gezogen, wir sind sogar zum Fremdschämen genötigt, denn vor unseren Augen werden die Frauen bloßgestellt: als Wesen, denen zuliebe die Sprache bis zur Ungenießbarkeit verbogen wird, damit sie zu ihrem Recht kommen. Da könnte man glatt wieder galant werden und den Frauen die Tür aufhalten: Auf in die frische Luft, in die Freiheit von sprachlicher Bevormundung! Ach ja, und nehmt die Guten, die ideologischen Artikulierer gleich mit, sie gehören gründlich durchgelüftet.