Im Mittelfeld begegnen einander Kunde und Verkäufer, dort wird das Spiel entschieden. In Verkäuferschulungen geht es hauptsächlich um die Trophäe. Anders als im Sport, endet die perfekte Begegnung jedoch nicht in einem rauschenden Sieg, sondern mit einem „Entschieden“, das beide Seiten zufriedenstellt.
Ernsthaft wird dem keiner widersprechen, trotzdem werden im Training die alten Standardtricks geklopft, mit überschaubarem Erfolg. Getreu dem Grundsatz der Nachhaltigkeit –“ „Vergraule nur soviele Kunden, wie du neu hinzugewinnst“ –“ genügt ein sportlich erkämpfter Vorteil eben nicht. Jedenfalls nicht, wenn es um Leistungen geht, die der Kunde „zu teuer“ nennt.
Betrachten wir die Investition in eine Sache am Haus, die der Gesetzgeber erzwingt. Davon wird es künftig mehr geben. Beispielsweise mit der Entsorgung seines schmutzigen Abwassers möchte sich keiner lange befassen. In dieser Situation bemüht sich der Techniker mit sachlichen Argumenten, einen widerwilligen Kunden von einem Mehrwert zu überzeugen, der seinen Preis wert ist. Wir leben ja in einer Welt, in der ist „man nicht blöd“, wenn man das geringste Geld für eine Sache ausgibt und wer auf John Ruskin (siehe unten) verweist, gilt als blauäugig: „Schön wärs, aber die Welt, sie ist nicht so.“ Ist in dieser Welt die antrainierte Technik des harten Verkaufens besser? Für manche Dinge ja, aber Verkäufer solcher Produkte lesen hier nicht die baerentatze.
Was geschieht im Mittelfeld? Das übliche Training trimmt Fertigkeiten der Gesprächsführung, die dem Verkäufer einen Vorteil verschaffen: „Wer fragt, der führt!“ Der Kniff ist leicht zu begreifen, aber schwer durchzuhalten. Der sensible Verkäufer spürt nämlich, dass ihn sein Trainer zum Sieg hetzt. Sicher, Verkaufen ähnelt dem Jagen, aber das ist nur ein Teil, es ist der einfachste Teil der Schulung.
Dass er auf Blut aus sein soll, widerstrebt dem zivilisierten Menschen sogar dann, wenn er wegen seines Produktes kein schlechtes Gewissen hat. Sachlich gerechtfertigt ist sein Mehrpreis, das weiß er. Was hindert ihn, mehr zu verkaufen? Findet er nicht die anspielbare Position im Mittelfeld?
Geben der Chef und sein Verkaufstrainer Siegeswillen vor, gerät der Verkäufer, der Berater, der Experte in eine Zwickmühle. Das wirklich gute Geschäft beschert beiden Seiten eine ausgewogene Zufriedenheit. Sie erhebt Verkäufer und Kunden gemeinsam auf eine höhere Ebene. Das lohnt sich, denn dort besorgt der Kunde für den Verkäufer weitere Kunden.
Ein Verkaufstraining, das auf diese Ebene zielt, unterscheidet sich von den marktüblichen Würgschopps. Es geht auf die Menschen ein, wie sie nunmal sind, nicht wie sie der von seinen Zahlen geplagte Chef geschnitzt sehen möchte. Ein solches Verkaufstraining behandelt selbstverständlich, wie man Gespräche führt, vor allem aber schält es heraus, wie das Unternehmen seine Experten für lösbare Aufgaben ins Feld schickt, etwa wie sie auf die Milieus ihrer Kunden eingehen. So erzielen sie Verkaufszahlen nicht mit Raubbau, sondern wie der Förster seinen Wald pflegt, mit dem Blick auf die kommenden Jahre und den sofort erzielbaren Nutzen zugleich.
Im Mittelfeld ist man am weitesten entfernt von den Extremen, einerseits dem vergeblichen Bemühen um Sachlichkeit, wo andererseits der Kunde bloß das Billigste will.
Was Nachhaltigkeit tatsächlich bedeutet und wie es zu diesem Begriff schon vor einigen Jahrhunderten kam, bevor es als sustainable development neu erfunden und zu Nachhaltigkeit rückübersetzt wurde (Hauptsache, der Begriff kommt auf Englisch daher), das beschreibt in einem flott lesbaren Beitrag Ulrich Grober: Der Erfinder der Nachhaltigkeit. Dieser war übrigens ein sächsischer Edler in Freiberg, der Freiherr Hans Carl von Carlowitz. Er würde uns verzeihen, wenn wir sein durchdachtes Gesamtwerk auf den Satz verkürzen: Nur so viel verbrauchen, wie immer wieder nachwächst.
Was John Ruskin zugeschrieben wird, darüber kann man meditieren.
Um einen weiteren Aspekt der Partnerschaft mit dem Kunden geht es bei: Die Tante vertraut ihrem Urteil.