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wo es um Sprache geht (noch im Umbau)
Spottolski, Pegida und Kopftuch

Montag 23 November 2015

„Chef“, sagt Spottolski von der Fensterbank her. „Chef, die Miezen da drüben, die meiden unseren Garten. Sie sagen, du wärst ein Pegidaversteher, igitt.“

„Deine Miezen? Können wohl kein Deutsch,“ sage ich und weil er so verloren dreinschaut: „Eifer ist kein Ersatz für klares Denken.“ Da guckt Spottolski noch nicht klüger. „Verstehen kann man mit billigen eigentlich nicht verwechseln!“ füge ich hinzu.

Verstehst du das, Suli? Zuerst waren sie Flüchtlinge, weil hier dauernd geschossen wird. Dann erzählt ein Schlaumeier, hier wär alles ruhig, eigentlich sei Syrien wie Sylt, nur billiger, und mehr Dünen. Nun sind sie auf einmal Terroristen, auch die Kinder – das müsste man ihnen doch ansehen. Suleika, schau mal, schauen die aus wie na du weißt schon? (Bild: © Behland)

„Ach so“, mimt Spottolski den Klügeren, der bekanntlich nachgibt, „und was du gegen das Kopftuch hättest, möchten sie wissen.“

„Wie kommst du darauf?“

„Die Miezen sagen, das Kopftuch tragen sie zu Ehren des Christkindes.“

„Und die Weiber im Westen tragen Bikini zu Ehren des Papstes.“

„Das hat doch damit nichts zu tun!“ wirft Spottolski ein.

„Du sagst es. Mit dem Kopftuch halten die Männer in rückständigen Gesellschaften ihre Frauen an der kurzen Leine.“ Spottolski schaut drein, als wollte er „Wa?“ sagen.

Er sagt: „Wa?“

„Wie bescheuert du gucken kannst!“ sage ich. „Sobald eine Frau ihre Haare öffnet, bestimmt sie das Geschehen. Da kommt der Mann nicht mehr mit, die Frau ist ihm erotisch einfach überlegen. Das wissen die Imame.“

Spottolski blickt sparsam drein, bei seinen Miezen ist das natürlich ganz anders. Ich fahre fort: „Das kann man verstehen, die Männer möchten im Bett eine Schlampe und im übrigen soll sie sich mit keiner eigenen Meinung einmengen. Solange sich die Frau verhüllt, ist sie gefügig, das Signal ist deutlich. Die entsprechenden Vorschriften haben mit dem Islam so viel zu tun wie Tangas mit dem Evangelium. Übrigens hat auch der Islamismus mit dem Islam nicht viel zu tun.“

„Warum lassen sich die Frauen darauf ein?“

„Sie fallen auf einen Trick herein.“

„Ein Trick zum Unterdrücken der Miezen? Lass hören, erzähl!“

„Ein ideologischer Doppelpass. Die Männer behaupten, Allah wünscht, dass sie sich verhüllen mit der Burka, dem Kopftuch – das ist in jedem islamischen Land anders –, und zugleich haben sie festgelegt, dass Frauen zu einer anderen Auslegung des Korans nichts, aber auch gar nichts beizutragen haben – Querpass zurück, Schuss, Tor! Eine lupenreine Erfindung zur Demütigung der Frauen.“

„Und was tut Allah?“

„Wer weiß? Wahrscheinlich wundert er sich, was sich die Weiber bieten lassen in seinem Namen, und solange sie nicht von selber aufmucken, tut er sowieso nichts.“

„Chef, und du muckst auf gegen die Pegidanichtversteher? Wer hilft dir dabei, die Grünen?“

„Die sind ja nun auch unwählbar geworden. Schau dir dieses Bild im SPIEGEL an: ‚Tu was gegen Rechts! und Pegidaversteher.‘

„Stimmt doch, sogar die Rechtschreibung, beinahe.“

„Enthält aber zwei Denkfehler. Spotto, du bist doch sonst nicht so dösig. Was tut der Kommissar, damit er dem Täter auf die Schliche kommt? Er sucht ihn zu verstehen. Sonst stochert er mit der Stange im Nebel herum.“

„Und worin stocherst du?“

„In der Pegida. Da gibt es – außer ein paar Nazis und einer Handvoll Leute, die sich bei dem Wort Islam spontan in die Hose scheißen – eine Mehrheit von Leuten, deren Sorgen und Ängste ganz normal sind: Denen macht die Politik deutlich, dass ihre Sorgen unbegründet sind. Das sind sächsische Nichtwähler und die haben haufenweise Gründe, die ihnen keiner glaubhaft und arroganzfrei widerlegt.“

„Verstehe“, sagt Spottolski, „und die lockt man zur Wahlurne, indem man sie beschimpft. Genial.“

„Das geht so: Fünfzig Prozent der Wähler sind Nichtwähler, die sind blöd, überhaupt ist das Wahlvolk – Schwamm drüber -, es weiß nicht, wo es langgeht, da kann man die Wehrlosen ruhig mal ausgrenzen. Übrig bleibt das wohlige Gefühl ein besserer Mensch zu sein, wenn man auf andere herabblicken kann.“

„Und das soll ich jetzt meinen Miezen ausreden?“

„Kannste vergessen. Sag ihnen, dein Chef spinnt, ist aber harmlos, fast harmlos. Halt, warte mal!“ Ich schaue meinem Spottolski in die Augen. „Fordere sie mal auf ‚Tu was gegen rechts‘ zu ersetzen durch einen Satz mit dem Wort für.“

„Warum? Wie zum Beispiel?“

„Zum Beispiel: ‚Für ideologiefreie Bildung!‘ – Schule ohne Moralkeule würde den Sumpf Rechtsaußen binnen einer Generation trockenlegen. Weil sie dann selber denken müssten, die Lehrer und die Schüler. Aber ‚Tu was gegen Rechts!‘ brüllen ist bequemer. Da muss im Gehirn nicht eine Synapse zur Teilnahme bewegt werden.“

„Chef“, sagt Spottolski, „sag mal was Nettes zu meinen Miezen!“

„Wie denn? Reicht es nicht, dass ich mit meinem Kater rede, als ob … Na gut, sag ihnen, ich spendiere eine Büchse Thunfisch für den besten Für-Satz.“


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