baerentatze

wo es um Sprache geht (noch im Umbau)
Fußball keine öffentliche Aufbahrung mehr

Dienstag 10 Juni 2008

„Das WDR-Radio 1 Live hat die beste Wort-Alternative für Public Viewing gesucht – und gefunden: Rudelgucken. Die Duden-Redaktion zeigt sich angetan von dem Begriff.“ Quelle: Digital Fernsehen

Zwei Initiativen des Vereins Deutsche Sprache, der Anglizismenindex und die Aktion Lebendiges Deutsch (ALD) standen Pate, wenn nun auch die Hörer von Live 1 witzige Komposita bilden.

Ein bisserl wird hier der ALD die Schau gestohlen, denn für eben diesen Begriff sucht sie in diesem Monat. Fremde Federn schmücken auch, aber was solls: Wenn es unserer Sprache zugutekommt? Und sogar der Duden aufwacht?

Zur Erinnerung: In Amerika – dem Land, aus dem wir offenbar unsere Kultur beziehen, zumindest unsere Anglizismen – versteht man unter Public Viewing eine öffentliche Aufbahrung. Sie findet statt, wenn ein Prominenter verschieden ist. Frage: Wie flach müssen Bildung und Englischkenntnisse sein, damit einer diesen Begriff für das Betrachten von Fußball umdeutet?

Antworten sie mit einer Geste.


  1.  
    27. Januar 2009 | 10:00
     

    Nachtrag zu Kvinnas Bedenken:

    Zitat: Und eigentlich finde ich „Händi“ auch schöner, trau‘ mich aber nicht, weil’s aussehen könnt‘, als wüsst‘ ich’s nicht „besser“! Zitat Ende

    Wer Händi schreibt, weiß es besser. Nämlich, dass es in der Bedeutung für Telefonino, Mobiltelefon, Nervensäge kein englisches Wort ist. In der Gebrauchsanleitung meines neuen Händis (übernommen vom Sohn in London) findet sich folgende Überschrift: „Handy information about your mobile“.

    Schreiben Sie Händi und Sie beweisen Kompetenz. Schreiben Sie Handy, so bleibt die Frage offen: Sind Sie ahnungslos oder plappern Sie bloß nach?

  2.  
    Uwe
    2. Oktober 2008 | 14:06
     

    Das mit der „öffentlichen Aufbahrung“ stimmt, ich bin (englischkenntnisbesitzender) Bestatter. Bei H&M gibt es „Body Bags“. Leider können wir Bestatter diese Leichensäcke nicht nutzen – sind zu klein.

    Gruß Uwe

  3.  
    18. September 2008 | 08:33
     

    „Telefonino“ kenn‘ ich vornehmlich durch die Donna-Leon-Krimis, die ich verschlinge. Niedliches Wort. Wär‘ ’nen Versuch wert.

  4.  
    16. September 2008 | 15:05
     

    Na, wenn es die Benutzer geschaffen hätten, wäre es dennoch ein Knüller, den sich die Marketingleute zugute halten. Na ja, Wichtigkeit …

    Apropos Händi: Die Italiener sagen „Telefonino“, Telefönchen. Das werde ich eine zeitlang probieren.

  5.  
    15. September 2008 | 12:11
     

    Ich dachte, „kärchern“ hätten die Benutzer besagter Geräte geschöpft? Genau wie „googeln“? Ist mir etwas entgangen? Und eigentlich finde ich „Händi“ auch schöner, trau‘ mich aber nicht, weil’s aussehen könnt‘, als wüsst‘ ich’s nicht „besser“! 😉

  6.  
    15. September 2008 | 07:32
     

    Das Handy nenne ich eine reizvolle Wortschöpfung, der ich nicht widerstehen mag. Sie zählt zu denen, die nicht mehr auszurotten sind, und sie ist witzig, vorausgesetzt wir tun nicht so als ob sie englisch wäre. Ich schreibe daher konsequent Händi. Dennoch, eine Geschmacksfrage, in der Tradition der Kekse (aus cakes).

    Kärchern wiederum stört mich. Diese Wortschöpfung ist ein Marketing-Coup der Firma Kärcher, wofür sie den Respekt von Marketingexperten genießen mag, aber das Wort ist kalt, ohne Herz, es riecht nach Kommerz, also gewollt, und es käme mir nicht über die Lippen, selbst wenn ich zum Reinigen einen Kärcher verwendete.

    Da ich nichts von Vorschriften halte, wo sie nicht hingehören (und eh nicht durchgesetzt würden), sind diese Beispiele für mich eine ästhetische Frage, die jeder für sich beantwortet. Hauptsache, die Antwort kommt bewusst zustande, nicht durch Nachplappern von Marketinggeräuschen.

  7.  
    15. September 2008 | 06:02
     

    Was ist denn mit dem „Handy“ und mit „kärchern“?

  8.  
    21. Juni 2008 | 13:27
     

    Aus der Fülle der Quellen nur diese: Zumseln und Grubbnguggn mit Grobileiwa aus der Freien Presse.

    Im übrigen lohnt natürlich immer der Blick in den Anglizismenindex des Vereins Deutsche Sprache, Stichwort „Public Viewing“. Dort wird der Begriff als „Verdrängend“ eingestuft. Meines Erachtens zu Recht, denn mit solchen Wortschöpfungen aus dem Englischen verweigern wir der eigenen Sprache zwei Fähigkeiten: Erstens neue Wörter aus dem vorhandenen Sprachschatz zu bilden, und zweitens vorhandenen, bekannten Wörtern zu erlauben, dass sie eine neue Bedeutung, einen zeitgemäßen Sinn erlangen.

    Beispiele für Neubildungen aus dem eigenen Wortschatz sind Warmduscher, Sitzpinkler, Frauenversteher. Als Beispiel für neue Bedeutung fällt mir der Treiber ein, den wir am PC benötigen, bis dahin eher als Teilnehmer einer Treibjagd bekannt.

    Wenn wir solche Sprachschöpfung durch Borgen aus anderen Sprachen ersetzen, bestätigen wir das Argument: „Dafür gibt es im Deutschen kein Wort.“ Stimmt, denn wir verdrängen, dass es auch im Englischen für neue Dinge keine Wörter gibt. Sie müssen auch dort erfunden oder entwickelt werden, wie der Stalker aus dem Verb to stalk entstand. Genau so erwächst aus dem Verb nachstellen der Nachsteller. Es ähnelt einer Gehirnwäsche, wenn vor blindem Eifer erst in fremden Truhen gekramt wird, bevor man in der eigenen nachsieht.

  9.  
    17. Juni 2008 | 10:18
     

    Ich habe so viele Belege in Presseausschnitten gesehen, dass ich mir den Quellennachweis erspart habe. Aber wenn mir die nächsten vor Augen kommen, werde ich sie hier nachtragen.

  10.  
    Frederick Nosger
    17. Juni 2008 | 00:22
     

    Zur Erinnerung: In Amerika – dem Land, aus dem wir unsere Kultur beziehen, zumindest unsere Anglizismen – versteht man unter Public Viewing eine öffentliche Aufbahrung,
    Dürfte ich fragen, woher Sie diese Ihre Erinnerung beziehen bzw. wie Sie deren Richtigkeit belegen können? Meine gibt so wenig wie das übliche Googeln und Wikilesen eine solche Interpretation von „public viewing“ her.

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